Das Floss der Medusa
Inhalt:
«18. Juli 1816: Vor der Westküste von Afrika entdeckt der Kapitän der Argus ein etwa zwanzig Meter langes Floß. Was er darauf sieht, lässt ihm das Blut in den Adern gefrieren: hohle Augen, ausgedörrte Lippen, Haare, starr vor Salz, verbrannte Haut voller Wunden und Blasen … Die ausgemergelten, nackten Gestalten sind die letzten 15 von ursprünglich 147 Menschen, die nach dem Untergang der Fregatte Medusa zwei Wochen auf offener See überlebt haben. Da es in den Rettungsbooten zu wenige Plätze gab, wurden sie einfach ausgesetzt. Diese historisch belegte Geschichte bildet die Folie für Franzobels epochalen Roman, der in den Kern des Menschlichen zielt. Wie hoch ist der Preis des Überlebens?»
Meine Meinung:
Das Buch wurde mir indirekt über einen anderen Blog eines Bekannten («zult») empfohlen. Das Buch hat fast 600 Seiten und ich habe es in ca. einer Woche verschlungen. Der Roman, der auf einer wahren Geschichte basiert und ausgezeichnet wurde, stammt von einem Österreicher (Franzobel), der mir bis dato nicht bekannt war. Das Floss der Medusa ist eines der besten Bücher, welches ich in letzter Zeit gelesen habe. Im Internet habe ich gelesen, dass Menschen, die viele TV-Serien und Staffeln schauen, nach dem Ende einer Serie, «in ein Loch fallen können». So ähnlich ging es mir, als ich den Roman beendet hatte! Warum? Ich hätte gerne mehr davon gehabt!
Der Roman erzählt von der Medusa, die aus Frankreich Richtung Afrika unterwegs war, ehe sie beschädigt und «stecken blieb». Die Menschen mussten sich auf Booten und einem Floss vor dem Schiff, das auseinanderzubrechen drohte, retten. Dabei gab es zu wenig Boote und auf dem Floss fanden, um überleben zu können, mit der Zeit kannibalistische Taten statt. Würde man die Geschichte ist in Neuzeit kapitulieren, kommt mir da der 70er Jahre Film Überleben! (1976) in den Sinn, in welcher eine Rugby-Mannschaft mit dem Flugzeug abstürzt. Am Ende mussten sie von den Toten essen, um überleben zu können. Dabei geht Das Floss der Medusa sogar noch einen Schritt weiter, als «blossen Kannibalismus» zu beschreiben…
Der Roman beginnt kurz vor dem Ende und erzählt dann wie es zu der Katastrophe kam. Der Autor nimmt sich dabei Zeit. Die Figuren werden gekonnt eingeführt und das schonungslose und harte Leben auf einem Schiff wird spannend, fesselnd, interessant, brutal, zynisch und amüsant/schwarzhumorig erzählt. Ich wurde sofort gefesselt und gefangen und hatte an dem teilweise derben und bitterbösen Schreibstil «meinen Spass». Die Figuren werden überzeichnet dargestellt, das Geschehene oft satirisch geschildert. Die Grausamkeiten sind sehr derb und explizit. Man meint, mich als Edward Lee Fan, würde nichts mehr ekeln können. Aber in Das Floss der Medusa gibt es doch einige, wenige Momente, die auch ich wirklich super eklig fand (im Positiven Sinn).
Mir gefiel die 1. Hälfte auf dem Schiff fast etwas mehr, als das letzte Viertel auf dem «Floss». Die Charakterstudie und die Überlegungen der Figuren sind teilweise, gerade aus psychologischer Sicht, interessant. Ich hätte zwei Figuren ein Happy End gegönnt. Auf die ein oder andere Weise, bekommen sie das auch. Da der Roman auf wahren Tatsachen beruht, empfand ich auch die Infos am Ende, welche dazu beigesteuert werden, als informativ und spannend. Was nebst der Grausamkeit bei schlechten Amazon Rezessionen vor allem schlecht wegkommt, ist die Tatsache, dass Franzobel die Figuren oder einige Momente teilweise mit Figuren oder Ereignissen aus der Zukunft vergleicht. Mich hat das, in meinen Augen nur ein kleines Detail, nicht wirklich gestört. Es half sogar beim Auseinanderhalten der Figuren und Charaktere.
Fazit: Ein Roman, welcher Lust nach mehr macht! Absolute Empfehlung meinerseits. So suchte ich weitere Romane von Franzobel und bestellte mir noch seinen neueren Roman Die Eroberung Amerikas. Der könnte mir auch zusagen...
Infos:
In Deutschland erschienen: Ja
Sprache: Deutsch
Verlag: Paul Zsolnay Verlag
Anzahl Seiten: 590
Roman/Sachbuch: Roman (basierend auf einer wahren Geschichte)
Art: Gebunden
Autor: Franzobel
Erschienen: 7. Auflage 2017