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Dienstag, 28. Januar 2020

Kichiku Review

Japanuary 2020
Kichiku – Banquet of the Beasts

Story:

Japan in den 60ern:

Die Jugend lehnt sich gegen die Regierung auf. Radikale Studentengruppen entstehen. Als der Anführer einer solchen Gruppierung zu einer einmonatigen Haftstrafe verurteilt wird, gibt er seine Befehlsgewalt seiner Freundin ab. Dies passt nicht jedem in der Gruppe. Ohne starken Anführer und ohne wirkliches Ziel zerfällt die Gruppe mehr und mehr und steuert ihrer Vernichtung entgegen…

Meine Meinung:

Kichiku – Banquet of the Beasts ist ein nicht uninteressanter Film. Als ich den Film früher schaute (so in Jugendjahren, wo ich möglichst viel Krasses und Brutales gucken wollte, Jugendsünden halt), kannte ich viele Hintergrundinfos zum Film nicht. Dies ist schade.

Kichiku – Banquet of the Beasts ist nämlich der erste Film in Spielfilmlänge von Regisseur Kazuyoshi Kumakiri und gleichzeitig sein Abschlussfilm für die Osaka Universität. Mit knapp 20+ Jahren drehte er zusammen mit Freuden diesen Independent-Film. Bis der Film komplett fertig gestellt war, dauerte es insgesamt zwei Jahre.

Der Film wurde in jap. Arthouse-Kreisen zu einem kleinen Hit. Später war der Film auch international erfolgreich (wurde 1998 sogar an der Berlinale aufgeführt in Anwesenheit des Regisseurs). Dies hatte aber auch Schattenseite, so dass der Film in die "Sicko" Ecke japanischer «Splatterfilme» gestellt wurde – z.T. zu Unrecht.

Der z.T. kunstvoll wirkende Film erzählt nämlich eine sozialkritische Botschaft und Regisseur Kazuyoshi Kumakiri liess diverse Einflüsse in sein Projekt einfliessen: er mag Splatterfilme (sein Lieblingsziel ist Blutgericht in Texas), er befand sich zu der Zeit in einer extrem Stresssituation (auch bedingt durch einen früheren Kurzfilm, welchen er drehte), aufgewühlte Emotionen (durch Trennung seiner damaligen Freundin) und durch Interesse an der Geschichte (Demonstrationen der Linken Studenten in den 60ern in Japan und militärische Ereignisse, in welcher Soldaten ihre eigenen Kameraden töten mussten).

Bedingt durch diese Einflüsse liess es Regisseur Kazuyoshi Kumakiri im Film inhaltlich krachen: die Zerstörung der Gruppe wird gegen Ende in einem Gewaltfinale entladen. Der Film, der quasi in mehrere Kapitel unterteilt ist und vor allem Laien als Darsteller bietet, zieht den Zuschauer von Beginn an in einen sonderbaren Strudel aus Gewalt, lähmender Stimmung und diverse Arthouse-Szenen. Dessen entweicht eine nihilistische, hoffnungslose und düstere Grundstimmung à la All Night Long. Vor allem der Soundtrack des Filmes trägt auch viel zur Stimmung und Intensität bei.

Einen "Sicko" per se zu erwarten wäre töricht, da diese Szenen nur das Finale betreffen. In den ersten 39 Minuten werden nur die Figuren vorgestellt, wobei auf grössere Erklärungen verzichtet wird (warum sitzt der Anführer genau in Haft?, warum begeht er Suizid? etc.). Die Authentizität tut dem Film sichtlich gut (Laien statt Darsteller) und ich hätte mir nie im Leben träumen lassen, dass dies eine Studenten-Abschluss-Arbeit ist! Hut ab vor Kazuyoshi Kumakiri.

Die Effekte, die der Film bietet, sind für das Budget auch sehr gut gemacht, die Kameraführung speziell und kunstvoll. Eine Effekte-Szene erinnert an Bad Taste von Peter Jackson. Ich verstehe aber auch jeden, der sich a) durch den Film total gelangweilt fühlt oder b), sich vom Finale und/oder einzelner Szenen angewidert abwendet. Aber genau das war das Interesse von Kazuyoshi Kumakiri: zu provozieren!

Fazit: Wer gerne sonderbare Filme aus Japan schaut und dessen Arthouse-Independent-Kino mag, sollte Kichiku – Banquet of the Beasts sicherlich gesehen haben. Für Mainstream-Fans ist der Film jedoch definitiv nicht geeignet…

Infos:

O: Kichiku dai enkai

Japan 1997

R: Kazuyoshi Kumakiri

D: Shigeru Bokuda, Sumiko Mikami, Shunsuke Sawada, Toshiyuki Sugihara

Laufzeit der US-DVD: 106:53 Min.

Gesehen am: Dez. 2004 / Review überarbeitet am: Jan. 2020

Fassungen: Mir lag die Doppel-DVD aus den USA von Artsmagic vor = Uncut, O-Ton, englische Subs, gute Bild- und Tonqualität. Auf Disc zwei gibt es viel exklusives Bonusmaterial. Davon sind einige Extras sehenswert (u.a. das 20minütige Interview mit Tom Mes und das 30minütige Interview mit Regisseur Kazuyoshi Kumakiri). Es gibt keine deutsche Fassung und keine Blu-Ray (Stand: Jan. 2020). Die DVD aus Holland (Japan Shock) hätte deutsche Subs. Eine Szene ist in allen Fassungen durch digitale Zensur betroffen (weibliche Geschlechtsteile unkenntlich gemacht).