Vortex
Story:
Lui (Dario Argento) sorgt sich um seine an Demenz erkrankte Ehefrau Elle (Françoise Lebrun). Die Demenz nimmt zu, Probleme nehmen zu. Lui will das Elternhaus nicht verlassen. Sohn Stéphane (Alex Lutz) hat eigene Probleme und kann nicht helfen…
Meine Meinung:
Vortex ist der neuste Film von Skandal-Regisseur Gaspar Noé (Climax) und im Vergleich zu seinen früheren Werken wie Menschenfeind, Irreversibel oder Enter the Void ein verhältnismässig ruhiger und zahmer Film, was Provokationen angehen. Dennoch ist der Inhalt nicht ohne. Vortex hat mir, auch gerade, weil ich im Pflegeberuf tätig bin, gefallen.
Es geht ums Altern, die Krankheit Demenz, das Leben und den Tod. Das wird in Vortex schonungslos, traurig und dramatisch erzählt. Nüchtern, authentisch, realistisch. Das dass nicht «unterhält» im Sinne von Spass machen, versteht sich von selbst. Aber der Inhalt war fesselnd, trotz seiner langen Laufzeit.
Die Filme von Gaspar Noé haben meist eine lange Laufzeit. So auch Vortex, der ca. 140 Minuten auf die Waage bringt. Trotz seiner langen Laufzeit war der Film zu keiner Sekunde langweilig. Im Gegenteil: ich fand den Inhalt fesselnd. Und: hat mich berührt! Wo die Reise hingeht, ist klar. Aber nicht, wie. Und wer das Sterben verdrängt (und in der Gesellschaft ist der Tod oder Krankheiten noch oft mit Tabus verbunden), der wird am Inhalt zu knabbern haben.
Der Film hat wenig Szenen à la Noé. Mir kommen da der Vorspann (= fast wie ein Abspann zu Beginn) und am Ende eine lange Kamerafahrt à la Enter the Void in den Sinn. Und der Film startet nach dem Vorspann mit einem passenden Song, dessen Text perfekt zum Film passt (Mon amie la rose von Françoise Hardy). Abgesehen davon gibt es keine Musikuntermalung mehr. Der Film wirkt fast wie eine Amateur-Doku, die ein sterbendes Ehepaar auf Schritt und Tritt begleitet.
Das wurde optisch interessant eingefangen mit Doppelbildern – z.B. begleitet eine Kamera den Ehemann, die andere Kamera die an Demenz erkrankte Ehefrau. Gleichzeitig auf zwei Screens nebeneinander. Die Darsteller sind allesamt toll und glaubhaft. Ein wichtiges Detail, um intensiv und athenisch auf den Zuschauer wirken zu können. Besonders Dario Argentos (Cat O'Nine Tails) Schauspiel war eine Wucht. Schön, die Horrorlegende auch Mal vor der Kamera zu sehen. Aber auch der restliche Cast war super. Schön auch, dass Argento einen Autor und Kino-Liebhaber spielt (plus Metropolis Plakat an der Wand).
Fazit: Ein schonungsloser, deprimierender und trauriger Film, der perfekt in Gaspar Noé Filmographie passt!
Infos:
O: Vortex
Belgien, Frankreich, Monaco 2021
R: Gaspar Noé
D: Dario Argento, Françoise Lebrun, Alex Lutz, Kylian Dheret, Vuk Brankovic
Laufzeit der Kinofassung: Ca. 140 Mn.
Gesehen am: 21.04.22
Fassungen: Gesehen im O-Ton mit deutschen Subs im Schweizer Kino. Eine DVD/Blu-Ray sind noch nicht angekündigt (Stand: April 2022). Nachtrag 03.03.24: Film nun nach Kinobesuch zum zweiten Mal gesehen (UK-Blu-Ray von Picture House Entertainment. Ich brauchte am Anfang etwas Zeit, um in den Film zu kommen und vor allem die richtige Stimmung zu finden. Der Film hat von seiner Wirkung nichts eingebüsst. Der Plot und Inhalt sind real und einfach, vor allem gegen Ende und die letzten Szenen, schonungslos grausam. Dabei ist der Film stark gespielt. Die Musik (Mon amie la rose am Beginn, später einmal ein Ennio Morricone-Theme) sind passend gewählt. Da der Film die Story in einem ständigen Splitscreen zeigt, war das Gezeigte deutlich weniger gut zu erkennen als noch im Kino. Natürlich hat dies spielerisch seinen Reiz, da man beide Figuren beobachten kann, aber auf einem TV kommt das halt viel kleiner zur Geltung als noch im Kino auf einer grossen Leinwand.
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